Alicia Keys hat nichts zu meckern / Pressebericht Gießner Allgemeine von Axel Cordes

Zwei Meister an den Saiten: Michael Diehl (l.) und Adam Rafferty.		(Foto: axc)

Zwei Meister an den Saiten: Michael Diehl (l.) und Adam Rafferty. (Foto: Axel Cordes)

 

Etwas Besseres kann Gitarrenfreaks an so einem verregneten Sonntagnachmittag gar nicht passieren. Aber es war nicht nur das miese Wetter, das gut 60 Zuhörer ins Musikhaus Schoenau lockte, sondern die Freude auf die Auftritte zweier exzellenter Fingerstyle-Gitarristen. Das sind die, die ihre Akustikgitarren ohne Plektrum spielen und dafür lieber eine Nagelfeile ins Tourgepäck stecken.

Michael Diehl (Jahrgang 1974) aus Braunfels macht den Opener für sein Idol, den fünf Jahre älteren New Yorker mit österreichischem Wohnsitz Adam Rafferty. Beide spielen auf so schwindelerregend hohem Niveau, dass sie füreinander keine Konkurrenten sind, sondern Partner auf Ohrenhöhe.

Diehl spielt seine Gitarre offen gestimmt und präsentiert ausschließlich eigene Kompositionen, die er auch ohne Texte »Songs« nennt. Zu jedem Lied erklärt er vorab die Entstehungsgeschichte: »Groovin for Breakfast« ist sein Versuch, »Kaffeeduft hörbar« zu machen, »Break Up« seine Verarbeitung von Trennungen im Freundeskreis. Brachial-perkussiv und gleichzeitig hoch melodiös geht es zur Sache. »We’ll Meet Again« ist eine durchgehend ruhige schöne Ballade, »Restless« inspiriert durch hektischen Autobahnalltag. Nach entspannt-flotten Highwayfahrten hingegen klingt »Catch the Spirit«. Das seinem US-Kollegen gewidmete »Mr. Adam« mit funky Slap-Technik leitet zu dessen Auftritt nach der Pause über.

Rafferty trägt zwar fast die gleiche Batschkapp und spielt mindestens genauso federnd groovy wie Diehl, hat aber ausschließlich Coverversionen im Programm, die er alle in Standardstimmung spielt. »Mas Que Nada« und zwei Stevie Wonder-Songs eröffnen den Auftritt. Rafferty spielt den Rhythmus mit seinem Daumen so raffiniert, dass man eine Snaredrum zu hören glaubt. »Misty«, eine Jazzballade, reichert er mit einer Walking Bass-Linie an, zu Dr. Lonnie Smiths »Play It Back« setzt er seine Beatbox ein. Ray Charles’ triefender Blues »But on the Other Hand, Baby« wird die einzige (gute!) Gesangsnummer des Nachmittags. Drei Beatles-Songs zeigen Rafferty als Meister der Glissandi und Flageolett-Effekte.

Auch Rafferty moderiert seine Songs – auf Deutsch – und bindet die Fans mit ein, denn für seine Version von Michael Jacksons »Billie Jean« geht es nicht ohne vokale Rhythmusunterstützung. Dabei ist es schier unglaublich, wie entspannt-präzise der Gitarrist die prägnante Basslinie, Rhythmus und Melodie gleichzeitig spielt. Rick James »Superfreak« (mit der Falcos »Kommissar« zugrundeliegenden Basslinie) ist seine Zugabe, aber dann holt er natürlich noch Michael Diehl für ein ausgedehntes »Summertime« auf die Bühne zurück. Zwei Gitarristen mit Klasse und hohen Sympathiewerten.

Pressebericht von Axel Cordes