Mit Fingerstyle – Konzertbericht von Sascha Jouinim – Giessener Allgemeine Zeitung

Lich(jou). Ein versierter Gitarrist hat mit groovigen Darbietungen am Freitag im Biergarten der Kinokeipe für ein begeistertes Publikum gesorgt. Michael Diehl spielte überwiegend Eigenkompositionen und bereicherte das Programm durch einige fantasievolle Arrangements, von denen besonders die Queen-Nummern haften blieben.

Bei seiner Technik, dem Fingerstyle, setzt Diehl die Gitarre klanglich voller und orchestraler ein als bei der klassischen Spielweise. Beeinflusst wurde er unter anderem von dem aus New York stammenden Gitarristen Adam Rafferty, dem er den Song „Mr. Adam“ widmete. Wie Diehl hier den Akzenten animierende Schärfe verlieh, hatte es in sich.
Charakteristisch sind zudem perkussive Elemente, die bereits beim virtuosen Auftaktstück „Blue inside“ aus dem aktuellen Album „Take me home“ rhythmisch perfekt zur Geltung kamen. Durchweg beeindruckte der kernige, blitzsaubere Anschlag des Gitarristen. Zudem vermochte er auf seinen Instrumenten die Tonstärke differenziert zu gestalten und gewann der Musik so feine Nuancen ab.

Unterhaltsam machte das Konzert aber auch die lockere Moderation: Diehl skizzierte die Geschichten um seine Kompositionen. Mal dienten ihm Alltagsbegebenheiten als Inspirationsquelle, dann Gerüche, so beim munteren Titelsong „Groovin’ for breakfast“ seines zweiten Albums, bei dem er „Kaffeduft hörbar machen möchte“.

In der Experimentierfreude mit Effektgeräten spiegelten sich Diehls künstlerische Wurzeln auf der E-Gitarre. Feines Gespür für faszinierende klangliche Wirkungen bewies er etwa in „Catch the spirit“ .

Ebenso gut wie das Ryhthmusbetonte lagen Diehl ruhigere Stücke wie die Ballade „We’ll meet again“ über die Sehnsucht, nahestehende Menschen wiederzusehen.

Insgesamt merkte man dem Gitarristen, der 2005 das Souljazzduo „2inJoy“ gründete, rege Konzertpraxis an. Instinktsicher traf er diverse Stimmungslagen. In „Restless“ etwa erzeugte die drängende Bewegung aufwühlend nervösen Charakter. Im Titelsong „Take me home“ paarte sich wieder akkurate Spieltechnik mit musikalischem Feinsinn.

Das Perkussive kam am stärksten zum Tragen in „Breakup“ – wie mitreißend Diehl auf die Saiten, Decke und Zargen schlug, hielt das Publikum in Atem.

Ganz locker und entspannt wirkte hingegen das Stück „Crazy lazy“ über die Befindlichkeit vieler Menschen in der Corona-Krise.

Das Vergnügen an diesem lauen Sommerabend steigerte noch der in der Region bestens bekannte E-Bassist Peter Herrmann. Gemeinsam mit ihm bot Diehl vorzüglich aufeinander abgestimmt Stevie Wonders „I wish“. Weiteres Glanzlicht: die gefühlvolle Interpretation des Queen-Songs „Bohemian Rhapsody“. Als Überraschungsgast präsentierte Diehl seine Lebensgefährtin und Duopartnerin Florezelle Amend. Unter seiner Begleitung sang sie mit kräftiger, ausdrucksvoller Stimme „Is this the world?“, eine weitere Queen-Nummer.

Beim letzten Stück, Ray Charles’ „Georgia on my mind“, riss Diehl mittendrin eine Saite, und so kam das Publikum in den Genuss, die Musik noch einmal auf seiner zweiten Gitarre zu hören. Für den herzlichen Beifall dankte er mit passender Zugabe: „A sunny day“.

Bericht: Sascha Jouinim

Beitragsbild: Sascha Jouinim